Die weißen Helme der Düsseldorfer Bereitschaftspolizei sitzen fest, als sich die Einheit in der großen Übungshalle der Feuerwehrschule Mettmann aufstellt. Dutzende Gäste blicken gespannt auf die Szenerie. Dann geschieht das, was im echten Einsatz jederzeit Realität werden kann: Auf einem Balkon im zweiten Stock taucht eine vermummte Gestalt auf, ein Pappkarton fliegt herab – im Ernstfall wäre es ein Stein. Ein Beamter wird getroffen, sackt zu Boden. Sofort bilden seine Kolleginnen und Kollegen einen Kreis, schirmen den Verletzten ab, beginnen mit Erste-Hilfe-Maßnahmen. Es ist nur eine Übung, aber sie zeigt eindrücklich, wofür die neuen Fahrzeuge gedacht sind, die an diesem Tag offiziell übergeben werden.

Vier hochspezialisierte Rettungswagen hat der Polizeiärztliche Dienst Nordrhein-Westfalen erhalten. Übergeben wurden sie am Dienstag, 26. August 2025, im Gefahrenabwehrzentrum in Mettmann. Der Inspekteur der Bereitschaftspolizeien der Länder, Andreas Schmenkel-Backhoff, übergab die Fahrzeuge – Innenminister Herbert Reul sprach von einer „Lebensversicherung für die Polizistinnen und Polizisten“. Gerade bei Demonstrationen, politischen Gipfeltreffen oder Hochrisikospielen, wo die Einsatzkräfte nicht nur mit Menschenmengen, sondern auch mit Gewalt rechnen müssen, könne schnelle medizinische Hilfe überlebenswichtig sein.

Ein Blick auf die Außenspiegel der neuen Wagen macht deutlich, wie aktuell dieses Thema ist: Schwarze Trauerflore erinnern an Simon B., 34, den Polizisten, der wenige Tage zuvor in Völklingen von einem mutmaßlichen Räuber erschossen wurde. Viele der Anwesenden werfen einen kurzen Blick auf die schwarzen Bänder, bevor sie ihn abwenden. Es ist ein stilles Zeichen dafür, wie nah Realität und Training beieinander liegen. „Polizei- und Rettungskräfte müssen leider immer häufiger damit rechnen, angegriffen und verletzt zu werden“, sagt Reul in seiner Ansprache.

Die neuen Rettungswagen sind keine gewöhnlichen Fahrzeuge. Sie sind robust, geländegängig und speziell auf die Versorgung von Schuss-, Stich- und Trauma-Verletzungen ausgelegt. Neben Turbinen-Beatmungsgeräten, die bis zu sechs Stunden einsatzbereit bleiben, verfügen sie über Infusionssysteme, die Infusionen auf Körpertemperatur vorwärmen können – ein Detail, das im Ernstfall entscheidend sein kann. Moderne Kameras und Monitore machen zudem Telemedizin möglich: Über das gesicherte Polizeinetz kann eine Ärztin oder ein Arzt zugeschaltet werden, wenn das Rettungsteam vor Ort Unterstützung benötigt. Ein bundesweites Alleinstellungsmerkmal.

Stationiert werden die Wagen künftig bei der Bereitschaftspolizei in Bochum, Wuppertal und Köln. Zum Einsatz kommen sie überall dort, wo eine schnelle, spezialisierte medizinische Versorgung der Einsatzkräfte notwendig ist. Und Einsätze gibt es viele: 190 Mal rückte der Polizeiärztliche Dienst im vergangenen Jahr aus. Neben der Absicherung von Großlagen kümmern sich die rund 180 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auch um betriebs- und amtsärztliche Untersuchungen sowie die Erste-Hilfe-Schulung aller Polizistinnen und Polizisten in NRW.

Nach den offiziellen Reden mischt sich Reul unter die Vertreterinnen und Vertreter des Polizeiärztlichen Dienstes. Eigentlich, das weiß er, kommt der Termin für sie denkbar ungelegen. In wenigen Tagen starten 3000 neue Anwärter bei der NRW-Polizei – jeder von ihnen muss ärztlich untersucht werden. Trotzdem sind sie heute hier. „Das ist gelebte Fürsorge“, sagt Inspekteur Schmenkel-Backhoff über die neuen Fahrzeuge. Für die Einsatzkräfte in NRW bedeutet es vor allem eines: Rückendeckung – und das gute Gefühl, im Ernstfall nicht allein zu sein.

Von Matthi

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