Am Wochenende fanden in Essen umfangreiche Proteste gegen den Bundesparteitag der AfD statt. Das Bündnis „Gemeinsam laut“ zog eine positive Bilanz der Demonstrationen, während das Bündnis „Widersetzen“ das Verhalten der Polizei scharf kritisierte. Insgesamt wurden 28 Polizisten verletzt, darunter einer schwer.
Mehrere zehntausend Menschen beteiligten sich an den verschiedenen Protestveranstaltungen. Das Bündnis „Gemeinsam laut“ bezeichnete die Demonstrationen als die größten, die Essen je gesehen hat. An einem Demonstrationszug vom Hauptbahnhof zur Grugahalle am Samstagvormittag nahmen nach Angaben der Veranstalter mehr als 50.000 Personen teil. Zu einer Kundgebung am Samstagnachmittag kamen rund 25.000 Menschen, so die Stadt Essen. Am Freitagabend hatte bereits eine Rave-Demo mit etwa 5.000 Teilnehmern stattgefunden.
Die Polizei berichtete von wiederholten gewaltsamen Störaktionen durch größere Gruppen, die versuchten, die AfD-Delegierten am Betreten des Parteitags zu hindern oder Sperrstellen zu durchbrechen. Infolge dieser Auseinandersetzungen setzte die Polizei Schlagstöcke und Reizgas ein. Ein Vorfall ereignete sich am Samstagmorgen, als Einsatzkräfte der Bereitschaftspolizei einen AfD-Delegierten zur Grugahalle begleiteten und von etwa 200 Personen attackiert wurden. Dabei wurden ein Polizist und eine Polizistin schwer verletzt, sieben weitere Einsatzkräfte erlitten leichte Verletzungen. Die schwer verletzte Polizistin konnte nach der Behandlung im Krankenhaus glücklicherweise entlassen werden, da die Verletzungen weniger gravierend waren als zunächst angenommen. Nach derzeitigem Kenntnisstand wurden bei den Auseinandersetzungen insgesamt 28 Polizeibeamtinnen und Beamten verletzt.
Katharina Schwabedissen, Sprecherin des Bündnisses „Widersetzen“, bezeichnete das Vorgehen der Polizei als „Skandal“. Sie kritisierte, dass legitime Proteste niedergeschlagen und kriminalisiert worden seien. Nach ihren Angaben befanden sich am Sonntag noch zehn Protestierende in Polizeigewahrsam.
Am Rande des Parteitags fanden insgesamt über 30 Versammlungen in und um die Grugahalle statt. Als Zeichen für Weltoffenheit ließ die Stadt Essen vor der Grugahalle Regenbogen- und EU-Fahnen hissen. Bei der Kundgebung am Samstagnachmittag meldeten sich Vertreter aus Politik, Kirche, Wissenschaft und Wirtschaft zu Wort. Anna-Nicole Heinrich, Präses der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), rief dazu auf, Demokratiefeinden entschieden entgegenzutreten. Marion Greve, Superintendentin des evangelischen Kirchenkreises Essen, betonte ein deutliches Nein zu den Grundsätzen der AfD, Hass und Hetze.
Der Essener Oberbürgermeister Thomas Kufen (CDU) unterstrich die Unverhandelbarkeit von Freiheit, Rechtsstaatlichkeit und Demokratie. Barbara Albert, Rektorin der Universität Essen-Duisburg, erklärte, dass Hass und Hetze unfrei machen und die Gesellschaft deshalb aufstehen müsse. Christian Kullmann, Vorstandsvorsitzender des Chemie-Konzerns Evonik, warnte vor einem Erstarken der AfD und den Gefahren nationalistischer Tendenzen für Deutschlands internationale Geschäftsbeziehungen.